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Katalog 1995, Text von Ingrid Zimmermann

Dies Atelier ist eine Werkstatt. Verfleckter Betonboden, in einer Ecke eine große, rechteckige Wanne auf Rädern, darin ein borstiges Feld von Pinseln, bunt gemischt haarfeine zarte Elfen und breite schiefgequetschte Brummer. In einer Ecke zwei Transportwagen, oder was immer es sein mag ebenfalls auf Rädern. Darauf Batterien mit Weckgläsern mit Pigmenten aller Regenbogenfarben. Jedes ein Zauberpulver, das Einlaß verheißt in eine Zauberwelt. Stöße von großen kräftigen Papierbögen stehen herum, sind irgendwo angelehnt, die Ränder verbogen und eingerissen. Das eine oder andere Blatt wird an die Wand getackert, muß sich kritisch betrachten, wieder ablösen lassen in den Arbeitsprozess. „Das müssen die aushalten“, sagt Juschi Bannaski, „ich brauche sehr lang bis so ein Bild gewachsen ist“.
Dies Atelier ist ein karger Lehrsaal. Dann wird alles eigene der Malerin weggeräumt, denn Schüler sollen nicht Proselyten sein, sollen selbst ihre Wege finden. Und dies Atelier ist eine Alchemistenküche, denn hier finden sich Stoffe, die zueinander gehören, hier wird experimentiert und auf feinstes Zueinanderschwingen von Energien gehört. Schließlich und nicht zuletzt, ist dies Atelier auch eine Kathedrale. Hoch zieht sich das schräge, mit Fenstern durchsetzte Dach nach oben läßt gotisches Streben zum Himmel zu. Leise, aber deutlich und ganz unmissionarisch darf das Wort heilig gesagt werden: "Eigentlich ist das doch heilig, was hier geschieht".

Hephaistos kommt einem in den Sinn, der Sohn der Göttermutter Hera, von Thetis, der Frau des Okeanos, an Kindesstatt aufggezogen. Hephaistos, der Vulkanier, der mit allen Elementen der materiellen Welt zu spielen versteht und den Göttern unbezwingliche Waffen aus Eisen und wunderbare Kleinodien aus Gold und Edelsteinen zu schmieden und zu schleifen weiß. Feuer und Wasser arbeiten ihm zu und die Erde bietet ihm Schätze, den Stein, aus dem sich das Metall herausschmelzen läßt, die Farben und den Bergkristall. Hephaistos konnte, was die Götter nicht konnten, mit seiner Hände Arbeit Geist und Stoff verbinden. Er verstand auf einer anderen, auch dem Menschen offenen Ebene, daß aus dem Paar, der Bindung von Zweien, das Dritte entsteht. Die Schöpfung in der Materie.

Das Paar, die Paarung, ist Juschi Bannaskis Thema. Kaum glaublich in wievielen Dimensionen und Kombinationen sich dieses Thema in ihren Arbeitsprozessen und in ihren Bildern ausmachen läßt. Um gleich beim Material zu bleiben: Juschi Bannaski nennt ihre Arbeiten Mischtechniken, meint es aber in einer ganz anderen als der mittlerweile üblich gewordenen Weise. Akribisch experimentierend führt sie Pigmente und Bindemittel zuammen, gibt diesem tiefen dunklen Rot, das feuerartig in ihren Bildern brennt, diesen und dem Blau, das sanft und klar ein geistig-luftiges Gegengewicht bildet, jenen Gefährten. "Pigmente sind ganz klare, knallharte Wesen", sagt sie, "sie wissen genau, mit wem sie sich verbinden wollen und mit wem nicht...Erst, wenn buchstäblich die Chemie stimmt, geben sie, was sie haben, bis in die feinste Nuance". Sehr ernst nimmt sie das Anliegen ihrer Farben, und es ist genau hier, in diesem Zusammenhang, geschehen, daß sie das Wort heilig ausgesprochen hat. In der Alchemie ist ja auch tatsächlich die Rede von der "Heiligen Hochzeit", wenn die Stoffe in der guten Weise zusammenkommen.

Solcherart respektvoll behandelte Farben sind bereit, sich glücklich zu entfalten. Aber die Malerin nimmt nicht leichtfertig das Geschenk an. Mit den Farben gemeinsam kämpft sie, daß sich das rechte Gegenüber, der rechte Widerpart finden. Das dauert und verlangt manchmal, daß sich eine Menge Schichten übereinander legen und sich akzeptieren. Farbe ist bei Juschi Bannaski Fläche, ist emotionales Feld, das sich der Form beugt. Bei der Form geht es Wiederum um Paarung. Die archetypischen Grundformen, das Viereck, das Dreieck, der Kreis, die als geistiger Geburtskeim allen Strukturen zugrunde liegen, ordnen sich bei ihr zum Beispiel zum Haus. Das Viereck, das Symbol für das Irdische, ist der Hauskäfig, in dem wir leiden, oder das Hausnest, in dem wir lieben und geborgen sind. Darauf sitzt als Dach das Dreieck, Sinnbild geistiger Schöpferkraft und des göttlichen Auges. Der Kreis wird zum Rad, seine Speichen bilden ein Kreuz oder einen Stern. So gewinnt das statische Haus die ihm fehlende Qualität der Bewegung. Bei Juschi Bannaski sehen Häuser aus wie Bergkristalle, hervorgeholt aus Hephaistos Welt in der Tiefe, und als solche erfahren sie wiederum eine Paarung. Sie spiegeln sich: Ein helles Haus wirft einen dunklen Schatten nach unten, ein dunkles Haus wird leicht durch sein helles Pendant. Noch eine Paarung, die vorkommt sind Erde und Himmel. Ein tiefer Horizont, manchmal ein breiter, goldfarbener Balken, gibt dem Bild ein sicheres Fundament, über dem sich Phantasie tummeln darf. Ein hoch angesetzter Horizont schafft Raum, Geschichten zu erzählen. Die Malerin tut es mit kargen Mitteln. Sie gibt Stichworte, existentielle Stichworte, fast immer erneut zum Thema Paarung, und die Farben der Elemente, Feuer, Erde, das Blau des Himmels, hie und da in jüngster Zeit das Grün der Pflanzenwelt, kleiden sie ein in den Schwingungston des Gefühls.

Juschi Bannaskis Bilder sind stark und arm, authentisch in Deckung mit der Entwicklung ihrer Schöpferin, nie kalkuliert, nie Kopfgeburten. Sie werden, und das nie ohne Demut, empfangen, ausgetragen und geboren wie Kinder. Ihre Atemzüge werden mit offenen Herzen belauscht, ihr Eigenleben wird respektiert. Handfest kommen die Formen daher, erdig aufgebrochen und lebendig vibrierend zeigen sich die Flächen und manchmal genügt ein winziges kryptisches Zeichen, um ihnen noch das letzte Quentchen an Balance zu geben. "Da steh ich jetzt", sagt die Malerin ganz banal zu ihren jüngsten Bildern. Sie weiß, daß alles, was vorher war den Humus bildet, und sie liebt ihre schon vor Jahren entstandenen Malerbücher noch immer und hält sie in Ehren. Zwei der einander gegenüber liegenden Seite gehören jeweils zusammen. "Auch ganz physisch", sagt Juschi Bannaski,"ich habe mir immer vorgestellt, was passiert, wenn ich das Buch zuklappe und die Seiten aufeinanderliegen".

Vielleicht ist noch dies anzufügen: Hephaistos war mit Aphrodite verheiratet. Das war für beide nicht einfach.

Ingrid Zimmermann, im Oktober 1996

(Katalog : Juschi Bannaski, Bilder 1995 – 1996. Dieser Katalog entstand mit Unterstützung durch die Galerie Josephsky – Neukum anläßlich einer Ausstellung in der Galerie Krone, Zürich.)