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Johano Strasser
Johano Strasser
Zwei Künstler, die unterschiedlicher kaum sein könnten, entschließen sich, eine gemeinsame Ausstellung zu machen. Kann das gutgehen?
Die eine malt Bilder, die ganz von der Farbe, von den Farbkontrasten, den fast unmerklichen fließenden Übergängen, den im Farbenmeer unvermittelt auftauchenden filigranen figürlichen Elementen leben.
Der andere macht ausgetüftelte und höchst präzise gearbeitete Skulpturen, Installationen und Videos, die alle eine, manchmal auf Anhieb plausible, manchmal nachhaltig irritierende, Botschaft vermitteln, die stets das Ergebnis theoretischer Überlegungen und tage- und nächtelanger Diskussionen sind.
Zwei Künstler, die seit vielen Jahren nicht nur sich gegenseitig kritisch und sympathisierend beäugende Kollegen sind, sondern auch ein Paar, seit fünf Jahren sogar ein standesamtlich beglaubigtes Paar. Dieses Lebensexperiment zumindest ist, soweit ich es als Trauzeuge und Freund beurteilen kann, bisher gutgegangen.
Ich bin ein Laie auf dem Gebiet der bildenden Kunst, ein interessierter Laie. Ich schaue mir die Bilder, die Skulpturen und Videos an wie ein Dilettant und ordne sie in meinen eigenen Bilderkosmos ein, der stark von der Literatur, meinem Metier, geprägt ist. Aber der Dilettant ist ja der Wortbedeutung nach ein Liebender, und der liebende Blick erschließt vielleicht nicht weniger, ist nicht weniger entdeckend und erhellend als der fachkundig-kritische.
Sprechen wir zunächst über Roman Wörndl. Wenn Sie dieses Haus durch die Eingangstür betreten haben und nicht durch eines der Fenster eingestiegen sind, haben Sie im Garten zwei hoch aufragende Skulpturen gesehen, die eine, ein stilisiertes rotes Tor, ganz aus Metall, die andere aus (rostigem) Metall und Glas. Es sind zwei Beispiele aus einer ganzen Serie von Landschaftszeichen, die, richtig im Garten oder in der freien Natur plaziert, durch den Kontrast des Materials und durch die Betonung des Artefaktischen die Aufmerksamkeit des Betrachters auf die Schönheit und Eigenart des Organischen lenken und ihn zugleich daran erinnern, dass es sein Stand- und Blickpunkt ist, der der Landschaft erst ihre charakteristische Aura gibt. Wenn Sie also einen großen Garten haben und lieber eine moderne Skulptur, zum Beispiel ein solches Landschaftszeichen haben möchten als eine alberne Gipsreproduktion des Denkers von Rodin… Bei mir auf der Terrasse steht eine solche Skulptur von Roman Wörndl, und ich erfreue mich fast täglich daran.
Neben den Landschaftszeichen finden Sie in dieser Ausstellung auch zwei kinetische Skulpturen, eine ältere Arbeit, die den Titel Vorwärts trägt und mit grimmigem Humor auf unsere unauflösliche Verstrickung in die Zeitlichkeit hinweist, und eine, an der sie ihren Spieltrieb ausleben können, indem sie sie zum Schaukeln bringen: La Mer (das Meer, nicht die Mutter).
Die Videos von Roman Wörndl, denke ich, sprechen weitgehend für sich, vor allem das lakonisch-witzige mit dem Titel Die Flasche. Zu den beiden anderen ein paar kurze Anmerkungen:
Best of Paradise ist das Extrakt eines mehr als halbjährigen Experiments: neun Sakralbauten aus verschiedenen Kulturkreisen von der christlichen, in diesem Fall katholischen Kirche über Synagoge, Moschee, Pagode und Stupa bis hin zu modernen Kultstätten wie dem Tempel der Wissenschaft. dem Lenin-Mausoleum, dem Guggenheim-Museum und dem Neubau der EZB standen ein halbes Jahr als Vogelhäuschen im Garten von Juschi und Roman in Aufkirchen. Mehrere Kameras registrierten über Monate hinweg, welche der Volgelhäuschen wie oft zwecks Nahrungsaufnahme von der heimischen Vogelwelt angeflogen wurden. Das Ranking ist auf einem Infoband, das unter dem Video mitläuft, zu sehen. Deutschland sucht den Superstar, die Superamsel, die Supermeise, den Superfinken: Ich sehe darin eine sarkastische Kritik an der Ökonomie der Aufmerksamkeit, deren Logik heute auch vor Glaubenssystemen nicht halt macht. Die ganze Installation mitsamt dem Video diente im Herbst letzten Jahres als Auftakt zu einer Diskussionsveranstaltung mit dem Thema Glauben, Wissen, Zweifeln.
Das Video Always ist eine Gemeinschaftsarbeit der beiden Künstler, am Strand in Indonesien entstanden, wohin die beiden in den letzten Jahren mehrmals, immer von November bis Mitte Januar, gereist sind, zweimal auf Einladung einer indonesischen Kunstmäzenatin und vermittelt von einem der besten Kenner der indonesischen Malerei, Werner Kraus, und ein drittes Mal auf eigene Faust, weil die Neugier auf das fremde Land und seine Menschen immer noch nicht befriedigt war. Diese Reisen waren zwar künstlerisch, wie sich auch an den Hinterglasbilder von Juschi Bannaski erweist, höchst ertragreich, erregten aber im persönlichen Freundeskreis des Paares nicht unbeträchtlichen Unwillen, weil die seinerzeit berühmten Sylvesterfeste in Juschis Atelier ihnen Mal um Mal zum Opfer fielen.
Eine weitere Gemeinschaftsproduktion – und damit komme ich zu den Hinterglasbildern von Juschi Bannaski - ist das hier erstmals ausgestellte Exemplar einer kinetischen Malerei, von der wohl demnächst noch weitere Proben zu sehen sein werden. Die drei über einander gelegten Hinterglasbilder, eines statisch, die beiden anderen sich gegenläufig drehend, stammen von Juschi Bannaski, die komplizierte Mechanik von Roman Wörndl.
Hinterglasmalerei ist ein altehrwürdiges Metier, das in der Renaissance eine erste Blüte erlebte. Vor allem religiöse Motive, Votiv- und Altarbilder von Heiligen und Szenen aus der Bibel, wurden seit dem 17. Jahrhundert in großer Zahl in Hinterglasmaltechnik hergestellt, hier in der Nähe zum Beispiel in Augsburg und im Werdenfelser Land. (Im Schloßmuseum in Murnau finden sie eine größere Zahl von Bildern in dieser Technik.) Seit einer Reihe von Jahren schon wird die Technik wieder häufiger von Malern verwendet. Seit einigen Jahren auch von Juschi Bannaski, zuletzt fast ausschließlich.
Für mich liegt darin eine gewisse Konsequenz; denn in den letzten Jahren konnte man beobachten, wie Juschis auf Leinwand gemalte Bilder immer mehr die zeitweilig äußerst kräftige, zuweilen pastose Farbgebung verloren und kleinteiliger, zarter und filigraner wurden. An die Stelle der spannungsreichen Kontraste traten immer öfter fließende Übergänge und subtile Korrespondenzen. Und die lange Zeit ganz fehlenden oder in den Hintergrund geratenen zeichnerischen Elemente tauchten wieder häufiger auf. Das sind nun aber lauter Momente, die in der Hinterglasmalerei offenbar ein besonders adäquates Medium finden.
Manche der Hinterglasbilder wirken in ihrer Zartheit wie Aquarelle, obwohl sie mit Ölfarben gemalt, die Zeichnungen mit Stift und Tinte aufgetragen sind. Übrigens hat die Hinterglasmalerei mit dem Aquarell noch etwas anderes gemein: Übermalen geht nicht, Korrigieren durch Abkratzen und Neumalen ist oft der einzige Ausweg, wenn man das Glas nicht wegwerfen will. Wenn der erste Pinselstrich nicht sitzt, ist aus dem Bild zumeist nichts mehr zu machen. Und im Gegensatz zur Leinwandmalerei muß das, was im Vordergrund zu sehen sein soll, zuerst gemalt werden; der Hintergrund kommt als letztes.
Der Ausgangspunkt bei den hier gezeigten Bildern ist fast immer ein Fundstück, aufgelesen auf den Reisen nach Indonesien oder auf Spaziergängen in der heimischen Umgebung am Starnberger See, manchmal sind es Zeichnungen im Skizzenbuch oder Fotos aus der Zeitung: zufällige Wahrnehmungen, die den Impuls zu einem Bild auslösen, dessen Anlaß zwar bei genauem Hinsehen noch erkennbar ist, der aber jedes Mal in einen weiteren künstlerisch gestalteten Kontext gestellt wird. Dabei beobachte ich in letzter Zeit, dass in Juschi Bannaskis Malerei ein ähnlicher Prozeß der Verdichtung stattfindet, wie sie der Schriftsteller aus dem Schreiben von Lyrik kennt. Das Ergebnis sind zuweilen auf das Elementarste reduzierte, in ihrer konzentrierten Einfachheit an japanische Landschaftsmalerei erinnernde Bilder. Einige davon sind hier zu sehen.
Dazu eine kleine mäkelige Anmerkung, die mir als Laien auf dem Gebiet der bildenden Kunst vielleicht gar nicht zusteht. Einige der für meinen Geschmack so japanisch anmutenden Hinterglasbilder, finden Sie hier ungerahmt vor. Aber gerade diese ganz reduzierten, in ihrer Zartheit so zerbrechlich wirkenden Bilder, bedürfen, wie ich meine, dringend des Rahmens. Es sind Bilder, die durch die extreme Reduzierung des meist figürlichen Anlasses den Raum, der diese umgibt, selbst zum Thema machen. Das aber verlangt geradezu, meine ich, dass die Bilder durch einen Rahmen aus dem realen Raum der Galerie herausgehoben werden.
Zum Schluß noch ein Hinweis: Die beiden Künstler wissen, was sie tun, sie neigen nicht zur Mystifizierung ihrer künstlerischen Arbeit, sie können für jeden verständlich darüber reden, und sind auch bereit dazu. Wenn Sie also Fragen zu den Bildern, Skulpturen und Videos haben, sprechen sie die beiden ungeniert an.
Johano Strasser
Zwei Künstler, die unterschiedlicher kaum sein könnten, entschließen sich, eine gemeinsame Ausstellung zu machen. Kann das gutgehen?
Die eine malt Bilder, die ganz von der Farbe, von den Farbkontrasten, den fast unmerklichen fließenden Übergängen, den im Farbenmeer unvermittelt auftauchenden filigranen figürlichen Elementen leben.
Der andere macht ausgetüftelte und höchst präzise gearbeitete Skulpturen, Installationen und Videos, die alle eine, manchmal auf Anhieb plausible, manchmal nachhaltig irritierende, Botschaft vermitteln, die stets das Ergebnis theoretischer Überlegungen und tage- und nächtelanger Diskussionen sind.
Zwei Künstler, die seit vielen Jahren nicht nur sich gegenseitig kritisch und sympathisierend beäugende Kollegen sind, sondern auch ein Paar, seit fünf Jahren sogar ein standesamtlich beglaubigtes Paar. Dieses Lebensexperiment zumindest ist, soweit ich es als Trauzeuge und Freund beurteilen kann, bisher gutgegangen.
Ich bin ein Laie auf dem Gebiet der bildenden Kunst, ein interessierter Laie. Ich schaue mir die Bilder, die Skulpturen und Videos an wie ein Dilettant und ordne sie in meinen eigenen Bilderkosmos ein, der stark von der Literatur, meinem Metier, geprägt ist. Aber der Dilettant ist ja der Wortbedeutung nach ein Liebender, und der liebende Blick erschließt vielleicht nicht weniger, ist nicht weniger entdeckend und erhellend als der fachkundig-kritische.
Sprechen wir zunächst über Roman Wörndl. Wenn Sie dieses Haus durch die Eingangstür betreten haben und nicht durch eines der Fenster eingestiegen sind, haben Sie im Garten zwei hoch aufragende Skulpturen gesehen, die eine, ein stilisiertes rotes Tor, ganz aus Metall, die andere aus (rostigem) Metall und Glas. Es sind zwei Beispiele aus einer ganzen Serie von Landschaftszeichen, die, richtig im Garten oder in der freien Natur plaziert, durch den Kontrast des Materials und durch die Betonung des Artefaktischen die Aufmerksamkeit des Betrachters auf die Schönheit und Eigenart des Organischen lenken und ihn zugleich daran erinnern, dass es sein Stand- und Blickpunkt ist, der der Landschaft erst ihre charakteristische Aura gibt. Wenn Sie also einen großen Garten haben und lieber eine moderne Skulptur, zum Beispiel ein solches Landschaftszeichen haben möchten als eine alberne Gipsreproduktion des Denkers von Rodin… Bei mir auf der Terrasse steht eine solche Skulptur von Roman Wörndl, und ich erfreue mich fast täglich daran.
Neben den Landschaftszeichen finden Sie in dieser Ausstellung auch zwei kinetische Skulpturen, eine ältere Arbeit, die den Titel Vorwärts trägt und mit grimmigem Humor auf unsere unauflösliche Verstrickung in die Zeitlichkeit hinweist, und eine, an der sie ihren Spieltrieb ausleben können, indem sie sie zum Schaukeln bringen: La Mer (das Meer, nicht die Mutter).
Die Videos von Roman Wörndl, denke ich, sprechen weitgehend für sich, vor allem das lakonisch-witzige mit dem Titel Die Flasche. Zu den beiden anderen ein paar kurze Anmerkungen:
Best of Paradise ist das Extrakt eines mehr als halbjährigen Experiments: neun Sakralbauten aus verschiedenen Kulturkreisen von der christlichen, in diesem Fall katholischen Kirche über Synagoge, Moschee, Pagode und Stupa bis hin zu modernen Kultstätten wie dem Tempel der Wissenschaft. dem Lenin-Mausoleum, dem Guggenheim-Museum und dem Neubau der EZB standen ein halbes Jahr als Vogelhäuschen im Garten von Juschi und Roman in Aufkirchen. Mehrere Kameras registrierten über Monate hinweg, welche der Volgelhäuschen wie oft zwecks Nahrungsaufnahme von der heimischen Vogelwelt angeflogen wurden. Das Ranking ist auf einem Infoband, das unter dem Video mitläuft, zu sehen. Deutschland sucht den Superstar, die Superamsel, die Supermeise, den Superfinken: Ich sehe darin eine sarkastische Kritik an der Ökonomie der Aufmerksamkeit, deren Logik heute auch vor Glaubenssystemen nicht halt macht. Die ganze Installation mitsamt dem Video diente im Herbst letzten Jahres als Auftakt zu einer Diskussionsveranstaltung mit dem Thema Glauben, Wissen, Zweifeln.
Das Video Always ist eine Gemeinschaftsarbeit der beiden Künstler, am Strand in Indonesien entstanden, wohin die beiden in den letzten Jahren mehrmals, immer von November bis Mitte Januar, gereist sind, zweimal auf Einladung einer indonesischen Kunstmäzenatin und vermittelt von einem der besten Kenner der indonesischen Malerei, Werner Kraus, und ein drittes Mal auf eigene Faust, weil die Neugier auf das fremde Land und seine Menschen immer noch nicht befriedigt war. Diese Reisen waren zwar künstlerisch, wie sich auch an den Hinterglasbilder von Juschi Bannaski erweist, höchst ertragreich, erregten aber im persönlichen Freundeskreis des Paares nicht unbeträchtlichen Unwillen, weil die seinerzeit berühmten Sylvesterfeste in Juschis Atelier ihnen Mal um Mal zum Opfer fielen.
Eine weitere Gemeinschaftsproduktion – und damit komme ich zu den Hinterglasbildern von Juschi Bannaski - ist das hier erstmals ausgestellte Exemplar einer kinetischen Malerei, von der wohl demnächst noch weitere Proben zu sehen sein werden. Die drei über einander gelegten Hinterglasbilder, eines statisch, die beiden anderen sich gegenläufig drehend, stammen von Juschi Bannaski, die komplizierte Mechanik von Roman Wörndl.
Hinterglasmalerei ist ein altehrwürdiges Metier, das in der Renaissance eine erste Blüte erlebte. Vor allem religiöse Motive, Votiv- und Altarbilder von Heiligen und Szenen aus der Bibel, wurden seit dem 17. Jahrhundert in großer Zahl in Hinterglasmaltechnik hergestellt, hier in der Nähe zum Beispiel in Augsburg und im Werdenfelser Land. (Im Schloßmuseum in Murnau finden sie eine größere Zahl von Bildern in dieser Technik.) Seit einer Reihe von Jahren schon wird die Technik wieder häufiger von Malern verwendet. Seit einigen Jahren auch von Juschi Bannaski, zuletzt fast ausschließlich.
Für mich liegt darin eine gewisse Konsequenz; denn in den letzten Jahren konnte man beobachten, wie Juschis auf Leinwand gemalte Bilder immer mehr die zeitweilig äußerst kräftige, zuweilen pastose Farbgebung verloren und kleinteiliger, zarter und filigraner wurden. An die Stelle der spannungsreichen Kontraste traten immer öfter fließende Übergänge und subtile Korrespondenzen. Und die lange Zeit ganz fehlenden oder in den Hintergrund geratenen zeichnerischen Elemente tauchten wieder häufiger auf. Das sind nun aber lauter Momente, die in der Hinterglasmalerei offenbar ein besonders adäquates Medium finden.
Manche der Hinterglasbilder wirken in ihrer Zartheit wie Aquarelle, obwohl sie mit Ölfarben gemalt, die Zeichnungen mit Stift und Tinte aufgetragen sind. Übrigens hat die Hinterglasmalerei mit dem Aquarell noch etwas anderes gemein: Übermalen geht nicht, Korrigieren durch Abkratzen und Neumalen ist oft der einzige Ausweg, wenn man das Glas nicht wegwerfen will. Wenn der erste Pinselstrich nicht sitzt, ist aus dem Bild zumeist nichts mehr zu machen. Und im Gegensatz zur Leinwandmalerei muß das, was im Vordergrund zu sehen sein soll, zuerst gemalt werden; der Hintergrund kommt als letztes.
Der Ausgangspunkt bei den hier gezeigten Bildern ist fast immer ein Fundstück, aufgelesen auf den Reisen nach Indonesien oder auf Spaziergängen in der heimischen Umgebung am Starnberger See, manchmal sind es Zeichnungen im Skizzenbuch oder Fotos aus der Zeitung: zufällige Wahrnehmungen, die den Impuls zu einem Bild auslösen, dessen Anlaß zwar bei genauem Hinsehen noch erkennbar ist, der aber jedes Mal in einen weiteren künstlerisch gestalteten Kontext gestellt wird. Dabei beobachte ich in letzter Zeit, dass in Juschi Bannaskis Malerei ein ähnlicher Prozeß der Verdichtung stattfindet, wie sie der Schriftsteller aus dem Schreiben von Lyrik kennt. Das Ergebnis sind zuweilen auf das Elementarste reduzierte, in ihrer konzentrierten Einfachheit an japanische Landschaftsmalerei erinnernde Bilder. Einige davon sind hier zu sehen.
Dazu eine kleine mäkelige Anmerkung, die mir als Laien auf dem Gebiet der bildenden Kunst vielleicht gar nicht zusteht. Einige der für meinen Geschmack so japanisch anmutenden Hinterglasbilder, finden Sie hier ungerahmt vor. Aber gerade diese ganz reduzierten, in ihrer Zartheit so zerbrechlich wirkenden Bilder, bedürfen, wie ich meine, dringend des Rahmens. Es sind Bilder, die durch die extreme Reduzierung des meist figürlichen Anlasses den Raum, der diese umgibt, selbst zum Thema machen. Das aber verlangt geradezu, meine ich, dass die Bilder durch einen Rahmen aus dem realen Raum der Galerie herausgehoben werden.
Zum Schluß noch ein Hinweis: Die beiden Künstler wissen, was sie tun, sie neigen nicht zur Mystifizierung ihrer künstlerischen Arbeit, sie können für jeden verständlich darüber reden, und sind auch bereit dazu. Wenn Sie also Fragen zu den Bildern, Skulpturen und Videos haben, sprechen sie die beiden ungeniert an.
Johano Strasser
Zwei Künstler, die unterschiedlicher kaum sein könnten, entschließen sich, eine gemeinsame Ausstellung zu machen. Kann das gutgehen?
Die eine malt Bilder, die ganz von der Farbe, von den Farbkontrasten, den fast unmerklichen fließenden Übergängen, den im Farbenmeer unvermittelt auftauchenden filigranen figürlichen Elementen leben.
Der andere macht ausgetüftelte und höchst präzise gearbeitete Skulpturen, Installationen und Videos, die alle eine, manchmal auf Anhieb plausible, manchmal nachhaltig irritierende, Botschaft vermitteln, die stets das Ergebnis theoretischer Überlegungen und tage- und nächtelanger Diskussionen sind.
Zwei Künstler, die seit vielen Jahren nicht nur sich gegenseitig kritisch und sympathisierend beäugende Kollegen sind, sondern auch ein Paar, seit fünf Jahren sogar ein standesamtlich beglaubigtes Paar. Dieses Lebensexperiment zumindest ist, soweit ich es als Trauzeuge und Freund beurteilen kann, bisher gutgegangen.
Ich bin ein Laie auf dem Gebiet der bildenden Kunst, ein interessierter Laie. Ich schaue mir die Bilder, die Skulpturen und Videos an wie ein Dilettant und ordne sie in meinen eigenen Bilderkosmos ein, der stark von der Literatur, meinem Metier, geprägt ist. Aber der Dilettant ist ja der Wortbedeutung nach ein Liebender, und der liebende Blick erschließt vielleicht nicht weniger, ist nicht weniger entdeckend und erhellend als der fachkundig-kritische.
Sprechen wir zunächst über Roman Wörndl. Wenn Sie dieses Haus durch die Eingangstür betreten haben und nicht durch eines der Fenster eingestiegen sind, haben Sie im Garten zwei hoch aufragende Skulpturen gesehen, die eine, ein stilisiertes rotes Tor, ganz aus Metall, die andere aus (rostigem) Metall und Glas. Es sind zwei Beispiele aus einer ganzen Serie von Landschaftszeichen, die, richtig im Garten oder in der freien Natur plaziert, durch den Kontrast des Materials und durch die Betonung des Artefaktischen die Aufmerksamkeit des Betrachters auf die Schönheit und Eigenart des Organischen lenken und ihn zugleich daran erinnern, dass es sein Stand- und Blickpunkt ist, der der Landschaft erst ihre charakteristische Aura gibt. Wenn Sie also einen großen Garten haben und lieber eine moderne Skulptur, zum Beispiel ein solches Landschaftszeichen haben möchten als eine alberne Gipsreproduktion des Denkers von Rodin… Bei mir auf der Terrasse steht eine solche Skulptur von Roman Wörndl, und ich erfreue mich fast täglich daran.
Neben den Landschaftszeichen finden Sie in dieser Ausstellung auch zwei kinetische Skulpturen, eine ältere Arbeit, die den Titel Vorwärts trägt und mit grimmigem Humor auf unsere unauflösliche Verstrickung in die Zeitlichkeit hinweist, und eine, an der sie ihren Spieltrieb ausleben können, indem sie sie zum Schaukeln bringen: La Mer (das Meer, nicht die Mutter).
Die Videos von Roman Wörndl, denke ich, sprechen weitgehend für sich, vor allem das lakonisch-witzige mit dem Titel Die Flasche. Zu den beiden anderen ein paar kurze Anmerkungen:
Best of Paradise ist das Extrakt eines mehr als halbjährigen Experiments: neun Sakralbauten aus verschiedenen Kulturkreisen von der christlichen, in diesem Fall katholischen Kirche über Synagoge, Moschee, Pagode und Stupa bis hin zu modernen Kultstätten wie dem Tempel der Wissenschaft. dem Lenin-Mausoleum, dem Guggenheim-Museum und dem Neubau der EZB standen ein halbes Jahr als Vogelhäuschen im Garten von Juschi und Roman in Aufkirchen. Mehrere Kameras registrierten über Monate hinweg, welche der Volgelhäuschen wie oft zwecks Nahrungsaufnahme von der heimischen Vogelwelt angeflogen wurden. Das Ranking ist auf einem Infoband, das unter dem Video mitläuft, zu sehen. Deutschland sucht den Superstar, die Superamsel, die Supermeise, den Superfinken: Ich sehe darin eine sarkastische Kritik an der Ökonomie der Aufmerksamkeit, deren Logik heute auch vor Glaubenssystemen nicht halt macht. Die ganze Installation mitsamt dem Video diente im Herbst letzten Jahres als Auftakt zu einer Diskussionsveranstaltung mit dem Thema Glauben, Wissen, Zweifeln.
Das Video Always ist eine Gemeinschaftsarbeit der beiden Künstler, am Strand in Indonesien entstanden, wohin die beiden in den letzten Jahren mehrmals, immer von November bis Mitte Januar, gereist sind, zweimal auf Einladung einer indonesischen Kunstmäzenatin und vermittelt von einem der besten Kenner der indonesischen Malerei, Werner Kraus, und ein drittes Mal auf eigene Faust, weil die Neugier auf das fremde Land und seine Menschen immer noch nicht befriedigt war. Diese Reisen waren zwar künstlerisch, wie sich auch an den Hinterglasbilder von Juschi Bannaski erweist, höchst ertragreich, erregten aber im persönlichen Freundeskreis des Paares nicht unbeträchtlichen Unwillen, weil die seinerzeit berühmten Sylvesterfeste in Juschis Atelier ihnen Mal um Mal zum Opfer fielen.
Eine weitere Gemeinschaftsproduktion – und damit komme ich zu den Hinterglasbildern von Juschi Bannaski - ist das hier erstmals ausgestellte Exemplar einer kinetischen Malerei, von der wohl demnächst noch weitere Proben zu sehen sein werden. Die drei über einander gelegten Hinterglasbilder, eines statisch, die beiden anderen sich gegenläufig drehend, stammen von Juschi Bannaski, die komplizierte Mechanik von Roman Wörndl.
Hinterglasmalerei ist ein altehrwürdiges Metier, das in der Renaissance eine erste Blüte erlebte. Vor allem religiöse Motive, Votiv- und Altarbilder von Heiligen und Szenen aus der Bibel, wurden seit dem 17. Jahrhundert in großer Zahl in Hinterglasmaltechnik hergestellt, hier in der Nähe zum Beispiel in Augsburg und im Werdenfelser Land. (Im Schloßmuseum in Murnau finden sie eine größere Zahl von Bildern in dieser Technik.) Seit einer Reihe von Jahren schon wird die Technik wieder häufiger von Malern verwendet. Seit einigen Jahren auch von Juschi Bannaski, zuletzt fast ausschließlich.
Für mich liegt darin eine gewisse Konsequenz; denn in den letzten Jahren konnte man beobachten, wie Juschis auf Leinwand gemalte Bilder immer mehr die zeitweilig äußerst kräftige, zuweilen pastose Farbgebung verloren und kleinteiliger, zarter und filigraner wurden. An die Stelle der spannungsreichen Kontraste traten immer öfter fließende Übergänge und subtile Korrespondenzen. Und die lange Zeit ganz fehlenden oder in den Hintergrund geratenen zeichnerischen Elemente tauchten wieder häufiger auf. Das sind nun aber lauter Momente, die in der Hinterglasmalerei offenbar ein besonders adäquates Medium finden.
Manche der Hinterglasbilder wirken in ihrer Zartheit wie Aquarelle, obwohl sie mit Ölfarben gemalt, die Zeichnungen mit Stift und Tinte aufgetragen sind. Übrigens hat die Hinterglasmalerei mit dem Aquarell noch etwas anderes gemein: Übermalen geht nicht, Korrigieren durch Abkratzen und Neumalen ist oft der einzige Ausweg, wenn man das Glas nicht wegwerfen will. Wenn der erste Pinselstrich nicht sitzt, ist aus dem Bild zumeist nichts mehr zu machen. Und im Gegensatz zur Leinwandmalerei muß das, was im Vordergrund zu sehen sein soll, zuerst gemalt werden; der Hintergrund kommt als letztes.
Der Ausgangspunkt bei den hier gezeigten Bildern ist fast immer ein Fundstück, aufgelesen auf den Reisen nach Indonesien oder auf Spaziergängen in der heimischen Umgebung am Starnberger See, manchmal sind es Zeichnungen im Skizzenbuch oder Fotos aus der Zeitung: zufällige Wahrnehmungen, die den Impuls zu einem Bild auslösen, dessen Anlaß zwar bei genauem Hinsehen noch erkennbar ist, der aber jedes Mal in einen weiteren künstlerisch gestalteten Kontext gestellt wird. Dabei beobachte ich in letzter Zeit, dass in Juschi Bannaskis Malerei ein ähnlicher Prozeß der Verdichtung stattfindet, wie sie der Schriftsteller aus dem Schreiben von Lyrik kennt. Das Ergebnis sind zuweilen auf das Elementarste reduzierte, in ihrer konzentrierten Einfachheit an japanische Landschaftsmalerei erinnernde Bilder. Einige davon sind hier zu sehen.
Dazu eine kleine mäkelige Anmerkung, die mir als Laien auf dem Gebiet der bildenden Kunst vielleicht gar nicht zusteht. Einige der für meinen Geschmack so japanisch anmutenden Hinterglasbilder, finden Sie hier ungerahmt vor. Aber gerade diese ganz reduzierten, in ihrer Zartheit so zerbrechlich wirkenden Bilder, bedürfen, wie ich meine, dringend des Rahmens. Es sind Bilder, die durch die extreme Reduzierung des meist figürlichen Anlasses den Raum, der diese umgibt, selbst zum Thema machen. Das aber verlangt geradezu, meine ich, dass die Bilder durch einen Rahmen aus dem realen Raum der Galerie herausgehoben werden.
Zum Schluß noch ein Hinweis: Die beiden Künstler wissen, was sie tun, sie neigen nicht zur Mystifizierung ihrer künstlerischen Arbeit, sie können für jeden verständlich darüber reden, und sind auch bereit dazu. Wenn Sie also Fragen zu den Bildern, Skulpturen und Videos haben, sprechen sie die beiden ungeniert an.
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